Prophetie und Hausgemeinde, Richard Schutty

 

A   Gott redet zu den Menschen

 

 

1. Zur Zeit des Alten Testaments

 

 

Von Anbeginn an redete Gott mit den Menschen. Wir sehen in den ersten Kapiteln der Bibel, wie normal der Austausch zwischen den ersten Menschen und Gott war. Durch den Sündenfall kam es schnell dazu, dass die Menschen Gottes Stimme bald nicht mehr zu unterscheiden vermochten.

 

So offenbarte sich Gott einzelnen Menschen (Propheten u.a.), die in seinem Namen Gottes Reden weitergaben.

- Adam und Eva erleben noch einen sehr natürlichen Umgang mit Gott

- Kain und Abel erleben noch das Reden Gottes zu ihnen, aber die Sünde verblendet   

schon Kains Herz

- Noah erlebt Gottes reden so eindringlich, dass er die Arche bauet

- Abraham erlebt die klare Führung Gottes und gehorcht Gottes Reden auch wenn er

schmerzliches von ihm f

 

orderte. Abraham erlebt Visitationen Gottes als Engel/Mensch

- Jakob erfährt Gottes Reden in Träumen und erkämpft sich den Segen Gott

 

es, indem er „mit dem Herrn” ringt

- Josef erfährt Gottes Reden in Träumen, die er

 

später auszulegen vermag

 

- Mose tritt als einer der großen Propheten auf, de

 

r zunächst alleine Gottes Stimme und  Führung erfährt - Aaron wird zum Propheten (2.Mo. 7:1) - das Volk kann Gottes Stimme am Berg Sinai nicht ertragen (2.Mo. 19+20 - besonders Vers 18ff)

- Moses setzt 70 Älteste ein, die ebenfalls vom Geist Moses empfingen und daraufhin

weissagten (4.Mo. 11:24-29)

- Mose gibt Anweisungen für und über Propheten im Gesetz (5.Mo. 13+18)

-Gott redet mit Josua

- Zu der zeit der Richter gab es bekannte Propheten, wie Debora (Richter 4:4) und   

unbekannte Propheten (Richter 6:8

Samuel ein Prophet der Könige einsetzt / Prophetenschulen entstehen

Saul prophezeit, wenn er unter den Propheten ist

- David erlebt wieder das persönliche Reden Gottes

- Andere Propheten treten auf, wie Elia und Elisa

- Propheten schreiben in Büchern nieder, welche Worte Gott ihnen für die Menschen gaben (Jesaja, etc.)
- Der Prophet Joel verheißt, dass eine Zeit kommen wird, in der der Geist Gottes auf alles Fleisch fallen wird und auch ganz normale Menschen prophetische Eindrücke verschiedener Art haben werden. (Joel 3)

- Johannes der Täufer tritt als Prophet und Wegbereiter Jesu auf

- Jesus wirkt auch als der größte Prophet der Menschheit

- Zu Pfingsten (Apg 2) wird sich Prophezeiung des Joel erfüllen

 

 

2. Zur Zeit des Neuen Testamentes - Gott redet wieder zu seinem ganzen Volk

 

 

So wie es am Anfang war, ist es durch die Ausgießung des Geistes auf alle Gläubigen nach Pfingsten wieder.

Jeder Christ hat in sich den prophetischen Geist - den Hlg. Geist. Aber jeder Christ muss es lernen, die Stimme Gottes unterscheiden zu können.

 

- Johannes 10:27  Meine Schafe hören meine Stimme, und ich kenne sie, und sie folgen mir. Diese Bibelstelle ist nur bedingt geeignet aufzuzeigen, dass alle Christen Jesu Stimme hören, da es sich hier um das Bild des Schäfers handelt, der die Schafe in den sicheren Hof ruft - ein Bild auf die Bekehrung.

- Johannes 14:26  Der Beistand aber, der Heilige Geist, den der Vater senden wird in meinem Namen, der wird euch alles lehren und euch an alles erinnern, was ich euch gesagt habe. / Johannes 16:5ff
 

- 1 Korinther 2:12  Wir aber haben nicht den Geist der Welt empfangen, sondern den Geist, der aus Gott ist, damit wir die Dinge kennen, die uns von Gott geschenkt sind. 13 Davon reden wir auch, nicht in Worten, gelehrt durch menschliche Weisheit, sondern in Worten, gelehrt durch den Geist, indem wir Geistliches durch Geistliches deuten.


- 1. Johannes 2:20 Und ihr habt die Salbung von dem Heiligen und habt alle das Wissen


- 1 Johannes 2:27  Und ihr! Die Salbung, die ihr von ihm empfangen habt, bleibt in euch, und ihr habt nicht nötig, dass euch jemand belehre, sondern wie seine Salbung euch über alles belehrt, so ist es auch wahr und keine Lüge. Und wie sie euch belehrt hat, so bleibt in ihm!

Hier sehen wir, dass alle Christen durch den Heiligen Geist Gottes Reden erfahren.

 

 

3. Arten der Prophetie

 

 

Wir finden im prophetischen Bereich unterschiedliche Arten der Prophetie:

- Persönliches Reden Gottes zu einzelnen Menschen. Z.B. Redet Gott durch einen Engel zu Maria Luk. 1 und auch zu Joseph Math. 2:13ff

- Reden Gottes zu einzelnen Menschen durch Propheten. Z.B. Gott redet zu David durch den Propheten Nathan 2.Sam. 12

- Situationsprophetien - Gottes Reden zu einzelnen Situationen mit Anweisungen oder Verheißungen durch Jona zur Stadt Ninive

- Prophetien, die über bestimmte Zeitpunkte hinaus in die Zukunft weisen und Kommendes offenbare. Z.B. Daniel, Joel, Offenbarung des Johannes

- Prophetisches Handeln. Z.B. Elia auf dem Berg Karmel 1.Kön. 18, oder Elisa 2.Kön.13:18ff, oder bei Paulus Apg. 21:10ff

 

 

4. Was Prophetie bewirkt

 

 

Gottes Reden zu seinem Volk bewirkt

  • Führung

  • Trost

  • Belehrung

  • Wunder

  • Vorbereitung auf Kommendes

 

5. Nicht jede Prophetie hat die gleiche Wichtigkeit

 

 

Wir finden eine ganze Reihe von prophetischen Reden und Handeln im Wort Gottes, das genauestens niedergeschrieben wurde. Aber wir finden auch prophetisches Reden, das nicht wert oder nicht wichtig genug war, niedergeschrieben zu werden. Z.B. Sauls prophetisches Reden in 1.Sam. 10:11

Auch das prophetische Reden div. Prophetenschüler (Prophetensöhne) wurde nicht festgehalten.

 

 

B    Grundlagen der Prophetie

 

 

1.  Begriffsdefinition:  Prophetie, Prophetische Rede, Weissagung

 

 

 Im  AT: Weissagung - naba = prophetisch reden, heraussprudeln, verzückt sein, in Extase sein       - Gott spricht zu seinem Volk, zu den Menschen durch Weissagung. Propheten waren die Mittler zwischen Gott und den Menschen. Das Prophetische Amt ist neben dem des Priesters das älteste in der Bibel. Sowohl für die richtigen Propheten, als auch für die falschen, die Baalspropheten, wurde das gleiche Wort benutzt. (Samuel war Prophet und Priester)

 

 Im NT: Prophetie - propheteuo = vor- behaupten, prophetisch reden, von Gott her reden, Aussprechen und Ankündigen des Willens Gottes, im Namen Gottes reden, herausreden, was von Gott kommt, was vom Göttlichen kommt.

Der prophetisch Redende wird vom Heiligen Geist geleitet, kann aber seine Rede kontrollieren und mit dem Willen beeinflussen: „Und die Geister der Propheten sind den Propheten untertan.“ (1.Kor.14,32)

=> zum Unterschied: manteuomai = wahrsagen, rasen, außer sich sein, extatisch sein, in Trance reden. Der Mantiker kann nicht kontrollieren, was er redet, er wird von einem Geist kontrolliert (siehe der Prophet Mani im 3.Jahrhundert, Begründer einer Sekte)

Bedenke: Der Heilige Geist ist ein Geist der Ordnung

 

2.  Gabendefinition zur Klärung

 

  Erkennen  ist eine natürliche Gabe (charismata), eine  Motivationsgabe - es ist die besondere Sensibilität für den Willen Gottes, für gut und böse ... (das griechische Wort hier heißt „propheteia“, es ist sehr weit gefasst und meint, den Willen Gottes, was gut und böse ist erkennen und reden (Röm. 12,8)

 

  Prophetie/ Weissagung = eine geistliche Gabe (charismata pneumatikos), eine

Manifestationsgabe (phanerosis), und gehört zum Paket der  „Sprechgaben“, wie das Reden in anderen Sprachen und die Auslegung der Sprachen (ähnlich Wirkung) - siehe 1. Kor.12,7f

–  Wort der Weisheit  

-  Wort der Erkenntnis  

-  Unterscheidung der Geister

 

= drei geistliche Gaben (s.o.) gehören zum Paket der Offenbarungsgaben und werden oft als prophetische Gaben bezeichnet - siehe 1. Kor.12,7f

 

Weissagung oder Prophetie ist die Grundgabe bzw. Basis zur Praxis der Offenbarungs-gaben – deshalb werden alle vier oft zusammen als Prophetie bezeichnet

                       

 

C    Die Entwicklungsstufen der Prophetie 

 

Paulus sagt in 1.Kor.14,1.5. „Eifert nach den geistlichen Gaben, besonders aber, dass ihr weissagt... Ich möchte aber, dass ihr alle in Sprachen redet, mehr aber noch, dass ihr weissagt....“

 

 1.  Wachstumstufen in der Ausübung von Prophetie (nach Mike Bickle)

 

Es gibt eine graduelle Abstufung bezüglich Prophetie, in dem, was wirklich von Gott kommt, und dem was Menschen dazutun. In der Regel wird es meist eine Mischung aus beiden sein. (siehe Grafik unten)

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

2.  Von der einfachen Weissagung in der Gemeinde zum bestätigten Propheten

 

1)  Jeder Gläubige, der im Glauben ausspricht, was Gott ihm aufs Herz gelegt hat, bzw. was er empfindet, redet im weitesten Sinne prophetisch aus sich.

 

Prophetie/ Weissagung aus Röm. 12.8 bezeichnen wir als Erkennen.

 

2)  Es gibt die geistliche Gabe Prophetie bzw. Weissagung aus 1.Kor.12,10 – Paulus sagt, wir sollen alle weissagen. Gläubige, werden inspiriert durch den Heiligen Geist, Eindrücke, Bilder, Worte weiterzugeben, die aber nicht zwingend eine Offenbarung beinhalten. Wir nennen diese Weissagung, laut 1.Kor.14,3 dient sie:

- zur Erbauung

- zur Ermahnung

- zur Tröstung

 

3)  Prophetie als Zusammenwirken von Weissagung, und einer oder mehrerer Offenbarungsgaben (1.Kor.12) wird im Allgemeinen meistens Prophetie genannt.

 

4)  Wirken in der Dienstgabe eines Propheten: Weitergabe von geistlichen Offenbarungen durch Weissagung (als Reden für Gott) aber auch durch Zeichen und Taten, (siehe Stab der Autorität) in denen die Offenbarungsgaben (alle) wirken. Dient als Zurüstung für die Glieder der Gemeinde, als Ausrichtung für den Weg der Gesamtgemeinde, zur Einsetzung von Ältesten oder Dienstgaben für die Gemeinde. Da ist ein Unterscheid zu dem AT Propheten, der war allein Mittler zwischen Gott und Mensch. Der heutige Prophet zwar redet an Gottes statt, kann aber nicht so auftreten wie der AT- Prophet.

 

 

3. Verschiedene Stärkegrade der Prophetie:

 

1) die ergänzende Prophetische Botschaft für die Gruppe (alle tragen zusammen) es ergibt ein Ergebnis - oft Weissagungen, ohne Offenbarung

2) Eins zu Eins- Prophetie (zur Ermutigung, Korrektur, oft mit Offenbarung)

3) Offenbarungen für die Gemeinde über Haltung und Sünde etc. (mit Offenbarungen)

4) Wegweisungen über den Willen Gottes und den Weg, für die Gemeinde

 

 

C   Prophetie und die eigene Persönlichkeit

 

Gottes Reden trifft bei uns nicht auf ein neutrales Medium, sondern Gott redet mit und als Menschen mit eigener Persönlichkeit, mit eigener Geschichte und eigenen Prägungen.

 

 

1. Getrübte Spiegel

 

Wir würden uns wünschen, dass das Reden Gottes, bzw. alle prophetische Gabe von den Übermittlern wie durch einen blanken Spiegel vermittelt wird. Ohne jegliche Trübung oder Verfremdung. Aber dem ist leider nicht so. Denn wir sind keine toten Medien, die lediglich das weitergeben, was jemand Anderer auf sie projiziert. Wir sind komplexe Wesen, die ganz eigene Wahrnehmungen haben.

 

2. Kommunikationsprobleme

 

Schon in der normalen Kommunikation zwischen Menschen gibt es viele Probleme.

 

- Die  Sprache ist lediglich ein Kompromiss, der in sich schon fehlerhaft ist. Unterschiedliche Sinnfüllung von Begriffen oder ein unterschiedlicher Wortschatz führen zu Missverständnissen.

 

- Wir deuten Botschaften, die uns von Anderen vermittelt werden so stark, dass bis zu 60% der empfangenen Botschaft lediglich eigene Deutungen sind, die nicht gesendet wurden!

 

- Stimmungen spielen in der Deutung von Botschaften eine große Rolle. Nicht nur die nonverbalen Signale des Senders werden mitgedeutet und in die Wertung der empfangenen Botschaft mitgewertet, auch die eigene Stimmung spielt eine große Rolle bei der Deutung der Botschaften. So ist es nicht verwunderlich, dass wir dann auch bei der Deutung der Botschaften Gottes nicht viel besser abschneiden.

 

Gott als Sender der Botschaften kennt aber auch um unsere Schwächen und vermittelt seine Botschaften in einer Art, die auf den Empfänger zugeschnitten ist. Obwohl uns Gott hier in seiner Gnade entgegenkommt,  müssen wir uns trotzdem bemühen mehr und mehr zu lernen Gottes Botschaften treu und möglichst ohne Verfremdung weiterzugeben. Wenn wir das nicht tun, können wir im Prophetischen nicht wachsen.

 

3. Wie erlebe ich das Reden Gottes

 

Gott spricht in verschiedener Form zu uns. Bilder formen sich in unserem Inneren, Worte werden innerlich oder sogar akustisch vernommen.

In Allem müssen wir lernen zu unterscheiden, was ein Geschehen in unserer eigenen Psyche ist und was das wirkliche Reden Gottes ist. Das bedarf ein gewisses Maß an Selbstbeobachtung, Selbstreflexion und Selbstkritik.

 

Bei Weissagungen und Prophetien kommen  Worte oder Sätze in unseren Geist. Manchmal empfangen wir das ganze Reden Gottes, bevor wir es weitergeben, manchmal nur den Beginn des Redens Gottes und der Rest entwickelt sich beim Vermitteln der Gabe.

 

Bilder entstehen entweder als statisches Bild in unserem Inneren oder bei geübteren Christen auch als progressives Erleben.

Prophetisches Handeln vermittelt sich dem Propheten immer zunächst als Bild oder wörtliche Prophetie.

4. Wie vermittle ich das Reden Gottes

 

Wenn wir von Gott eine Botschaft empfangen haben, sind wir gefordert diese weiterzugeben. Das tun wir aber selten in einer neutralen Form der verbalen und nonverbalen Sprache.

Wir sind selbst in gewisser Weise von dem beeindruckt, was wir von Gott empfangen haben, oder von der Art, wie wir es empfangen haben. So wird auch die Weitergabe der Prophetie davon geprägt sein. Unter Umständen modulieren wir unsere Stimme und nehmen eine bestimmte Körperhaltung ein.

Das ist zunächst verständlich und Gott macht seine Gabe davon nicht abhängig. Aber genau hier können Fehler gemacht werden.

Wir sind nicht herausgefordert völlig unbeeindruckt von Gottes Botschaften zu sein, aber wir müssen uns in unserem Tun reflektieren. Wir sollten zunächst bemüht sein, möglichst neutral das weiterzugeben, was wir von Gott empfangen haben. Gottes Botschaften auch in einer stark emotionalen Form weiterzugeben ist eher die Aufgabe eines erfahrenen Christen. Auf solche Zusätze wie: „So spricht der Herr...” Sollten wir geflissentlich verzichten. Denn wir könnten im besten Falle sagen: „So verstehe ich den Herrn...”.

 

5. Prägung durch die eigene Vergangenheit

 

In unserer Vergangenheit haben wir durch verschiedenstes Erleben gelernt Eindrücke zu werten und zu bewerten. Manches ist uns vertraut, manches wertvoll geworden, und wieder anderes weckt unser Misstrauen oder wird von uns abgelehnt.

 

Beispiel: Jemand der auf einem Bauernhof aufgewachsen ist, wird zu Kuhdung ein ganz anderes Verhältnis haben, als jemand, der in der Stadt aufgewachsen ist. Der eine denkt bei Kuhdung an einen wertvollen Dünger für das Feld, der Andere denkt nur an Gestank und Übelkeit. So würde ein Bild einer dürren Wiese mit Kuhdung dem einen saftige Wiesen verheißen, dem anderen wie eine stinkende Einöde vorkommen.

So sind wir durch unsere Vergangenheit geprägt.

 

 

6. Prägung durch das kulturelle Umfeld

 

Ebenso sind wir stark durch das kulturelle Umfeld geprägt, in dem wir aufgewachsen sind und in dem wir leben.

Je nach dem sind uns Bilder vertraut oder fremd. Die gleichen Bilder können auch hierdurch ganz unterschiedliche Deutungen erfahren.

 

7. Prägung durch das Selbstbild

 

Wie wir uns selbst sehen und wie wir zu uns selbst stehen, ist mit ausschlaggebend für den Empfang und die Vermittlung von Gottes Reden.

 

Unser Selbstbild unterliegt Schwankungen und Veränderungen.

So ist unser Selbstbild stark durch unsere Kindheitserlebnisse geprägt und wie uns unser Selbstbild durch Eltern und anderen Autoritätspersonen vermittelt wurde. Alleine schon die Frage, ob Gott gerade durch mich zu seinem Volk reden will, oder gar überhaupt zu mir reden will, wird stark an dem bewertet was wir in unserer Zeit der Entwicklung unserer Persönlichkeit erlebt haben.

Durch Zeiten, in denen es uns gut ergeht, wo wir Erfolge erleben und wo unsere Seele gestärkt wird, wird unser Selbstbild gestärkt.

Durch Krisenzeiten wird unser Selbstbild zunächst geschwächt. Nach einer guten und gesunden Bewältigung solcher Krisen kann unser Selbstbild aber auch gestärkt daraus hervorgehen.

 

Jemand der ein schwaches Selbstbild hat, kann dazu tendieren eher schwache oder gar depressivere Bilder oder Botschaften Gottes weiterzugeben. Oder sich erst gar nicht trauen, das Empfangene weiterzugeben. Andererseits ist die gegenteilige Reaktion möglich so dass der prophetisch Redende die Prophetie benutzt, um sein schwaches Selbstbild aufzuwerten.

Jemand der ein übersteigertes Selbstbild hat, kann auch dazu neigen übersteigerte Bilder oder Deutungen des Reden Gottes weiterzugeben. Entweder er poltert Gottes Weisungen auf, obwohl Gott in sanfter Weise reden möchte, oder er übertreibt in seinem Mitgefühl oder angeblichen Einfühlungsvermögen.

 

8. Prophetie und Gottesbild

 

Das verstehen von Gottes Reden wird auch stark durch das Bild beeinflusst, dass wir von Gott haben. Dieses Bild wiederum wird stark von unserer eigenen Geschichte und den erlebten Autoritätspersonen beeinflusst.

Natürlicherweise hat das Erleben des eigenen, leiblichen Vaters einen starken Einfluss darauf, wie wir Gott als Vater erleben.

So werden wir eher das als Reden Gottes deuten, was unserem Bild von Gott entspricht. Empfangen wir anderes von Gott, neigen wir leicht dazu, dies nicht als von Gott einzustufen und somit auch nicht zu vermitteln.

Unsere Erwartungen gegenüber Gott prägen also das, was wir von Gott her bereit sind im Prophetischen zu empfangen.

 

9. Prophetie und die eigene Theologie

 

Jeder von uns hat eine irgendwie geartete theologische Auffassung und lebt sein Glaubensleben entsprechend. Und wir suchen uns Gruppen, die einen möglichst großen Konsens mit unserer theologischen Auffassung haben.

Je nachdem wie unsere theologischen Auffassungen sind, werden wir auch das deuten, was wir von Gott empfangen. Manches werden wir als nicht unserer Theologie entsprechend verwerfen.

Glauben wir z.B. nicht, dass Gott sich auch im Leid seiner Kinder verherrlichen will, sondern jegliches Leid Ergebnis von Unglaube oder gar Sünde sei, könnten wir leicht eine vorbereitende Botschaft Gottes auf kommendes Leid im Leben einer Person oder Personengruppe als nicht von Gott ablehnen.

 

D   Prophetie und Charakterschulung

 

Gott redet zu allen seinen Kindern. Er ruft alle seine Kinder in ein Leben der konsequenten Jüngerschaft. Hauptziel der Jüngerschaft ist die Charakterschulung - hin zu einem Leben in dem wir  „Jesus immer ähnlicher” werden.

Gott will durch Prophetie zu seinen Kindern reden. Dazu möchte er auch Vermittler haben, die durch ihren Charakter und ihr Leben die Botschaft Gottes nicht verwaschen oder gar völlig in Frage stellen.

Stimmt der Charakter des Jüngers so gar nicht, kann die Botschaft die von ihm kommt verfälscht werden.

Gott bereitet seine Jünger für sein Werk zu. Auch wenn Gott sich in der Schwäche seiner Jünger offenbart und verherrlicht, so ist sein Ziel im Leben eines Jeden eine zunehmende Heiligung und Charakterformung.

 

1. Das Beispiel Jona

 

Am Propheten Jona haben wir ein gutes Beispiel, wie Gott seine Jünger formt.

- Jona weigert sich einer Stadt voller Heiden Gottes Bußbotschaft zu vermitteln und versucht vor Gott und seinem Auftrag zu flüchten

- Er verheimlicht sogar der Schiffsbesatzung in Lebensgefahr, dass er vor Gott versucht zu flüchten.

- Im Bauch des Fisches erlebt er eine Läuterung, indem er für drei Tage verstorben war und von Gott wieder ins Leben gerufen wird. Zudem wird seine Kleidung und sein Körper von der Magensäure anverdaut, so dass er in Ninive nicht nur in Worten prophetisch auftritt, sondern in seinem gesamten Erscheinen.

- Er predigt in Ninive die Strafe Gottes ohne zur Buße aufzurufen.

- Dennoch tut die Bevölkerung Ninives Buße und erfährt Gottes Gnade.

- Darüber ist Jona erbost und erfährt eine private Charakterschulung durch die Geschichte mit dem Baum.

Hier sehen wir, wie Gott sich in der Schwachheit seines Boten offenbart und dennoch weiter an dem Herz des Boten arbeitet.

 

2.  Wüstenerfahrungen

 

 

Gottes Charakterschulung besteht immer wieder aus Wüstenerfahrungen. Zeiten, in denen die Jünger quasi von ihrem eigentlichen Ruf isoliert erscheinen.

Wir sehen lehrhafte Beispiele dafür an Josef, Jakob, Moses, Elia oder auch Paulus.

Wüstenerfahrungen wird jeder machen, der in den Ruf, den Gott auf sein Leben gelegt hat, hineinwachsen will. Solche Erfahrungen zu vermeiden oder umgehen zu wollen, zeigt eher geistliche Unreife.

In diesen Wüstenerfahrungen erleben die Jünger Gottes eine Charakterschule hin zu mehr Demut und dazu dem allein Ehre zu geben, dem allein Ehre gebührt, Gott.

Die Geschichte des Paulus ist hier sehr beredet.

- Paulus, ein Eiferer für Gott und Meisterschüler des bekanntesten Rabbiners, verfolgt den Leib Christi

- Paulus erlebt Jesus auf den Weg zu Damaskus und bekehrt sich

- Drei Tage ist er blind, isst und trinkt nicht, bis Gott ihm Ananias schickt, der für ihn betet

- Danach tritt Paulus in der Kraft und Autorität des, nun bekehrten, Meisterschülers und in der rhetorischen Kraft seiner Worte und seines Wissen für Christus auf. Dadurch schürt er noch mehr  Zunahme der Verfolgung und des Zorns der Bevölkerung gegen die Christen.

- Danach schicken ihn die Brüder nach Tarsus – und er kam in die Wüste. Dort blieb er ca. 13-15 Jahre, bis Barnabas ihn dort, auf seinem Weg nach Antiochien, wider abholt.

- Paulus ist nach dieser Wüstenzeit in seinem Wesen verändert und verwirft sogar später in seinen Briefen, das was er zuvor gelernt hatte und als seine Stärke aufgefasst hatte.

- Am sanftmütigen Wesen des Barnabas lernt Paulus eine ganz andere Art auf Menschen zuzugehen. Das Vorbild des Barnabas zeigt sich später bei ihm sehr deutlich in der väterlichen Haltung, die Paulus gegenüber die von ihm betreuten Christen hatte.

 

3. Prophetie und Seelsorge

 

Dieses Thema kann hier nur sehr oberflächlich angerissen werden. Deshalb nur ein paar wenige Stichpunkte.

- Prophetie in der Seelsorge geschieht i.d.R. von Person zu Person und nicht in der Gruppe. Zudem reicht die Anwendung der prophetischen Gabe hier direkt tief in das Leben Anderer. Daher liegt eine besondere Verantwortung auf dem prophetisch Redenden, dies mit Vorsicht und Bedacht zu tun. Es findet i.d.R. keine direkte Korrektur durch Andere statt, wie es in einem Gruppen-Setting üblich wäre.

- Wenn der prophetische Eindruck überhaupt als solcher vermittelt wird, muss das immer in einer Art geschehen, die dem Hörer die Möglichkeit gibt, dieses Reden für sich selbst zu bewerten und gegebenenfalls auch zu verwerfen. Besser ist es den prophetischen Eindruck als Frage zu formulieren oder nachzuhaken, ob bei diesen Gedanken im Ratsuchenden etwas widerklingt.

- Aufgrund der besonderen Sensibilität dieser Seelsorgesituation darf prophetisches Reden nicht direktiv oder dominierend vorgebracht oder gar benutzt werden. Nur sehr erfahrene Seelsorger sollten Prophetie in der Seelsorge weitergehend nutzen. Die Gefahr des Missbrauchs ist hier viel zu hoch.

 

 

E    Einfache Schritte zum Prüfen der Prophetie in der

      Hausgemeinde

 

„Von den Propheten aber sollen zwei oder drei reden, und die anderen sollen urteilen.“ So steht es in 1. Kor.14,29.

Das „urteilen“ hier bedeutet unterscheiden. (diakrino = unterscheiden, entscheiden, richten, beurteilen). Das heißt, andere, die die Prophetien gehört haben sollen unterscheiden, was wirklich von Gott ist und was eventuell menschlich oder gar dämonischen Ursprungs ist. Sie sollen herausstellen, was der Geist selbst zur Gemeinde redet, und es gegebenenfalls interpretieren bzw. auslegen, und die richtige Anwendung finden. Nach dem Prinzip „Prüfet alles, das Gute haltet fest.“(1.Thes.5,21)

 

Diese Unterscheidungsfähigkeit sollen möglichst alle lernen und doch geht es manchmal darum, mit einer scharfen und tiefen Unterscheidung in die Feinheiten und in das Wesen der Botschaft und des Trägers der Botschaft einzudringen. Diese Art von Unterscheidung kann nur durch den Heiligen Geist selbst, d.h. durch die Geistesgabe „Unterscheidungen der Geister“ erfolgen. Wenn niemand in der Gemeinde ist, durch den diese Gabe tätig wird, sollte man mit äußerster Vorsicht an Prophetien herangehen, die Offenbarungen enthalten.

 

Einfacher verhält es sich beim Prüfen, ob bestimmte Aussagen, Meinungen, Theorien und Philosophien mit unserem Glauben vereinbar sind oder antigöttlich sind. In 1.Joh.4,4 fordert Johannes die ganze Gemeinde auf, die Geister zu prüfen (dokimazo = untersuchen, testen, prüfen, unterscheiden). Jeder Christ kann das, was durch Menschen, Medien und Gedanken an ihn herangetragen wird, untersuchen und anhand der Schrift überprüfen, ob es dem wahren Glauben an Jesus Christus entspricht oder nicht.

 

Mehr Unterscheidungsfähigkeit und Klarheit brauchen wir aber innerhalb der Gemeinde, wenn Geschwister (bekannte oder unbekannte) prophetisch reden. Fehler können dabei auftreten:

            1. beim Erkennen der Botschaft selbst, ob sie auch wirklich vom Geist

                inspiriert ist

            2. bei der Auslegung bzw. Interpretation der Worte oder Bilder

            3. bei der Anwendung der prophetischen Aussage auf bestimmte Settings

 

7 vorlaufende Fragen an die Prophetie selbst können dabei helfen:

 

- Steht die prophetische Aussage im Einklang mit den biblischen Zeugnissen?

- Gibt es Bestätigungen zu der Aussage ? (1-2 weitere Prophetien)

- Gibt es Bestätigungen bzw. Ablehnung oder Korrektur von 2 - 3 Personen?

- Passt die Prophetie in das Setting der Gruppe, bzw. der Situation hinein?

- Ist die Botschaft auf vorbereiteten Boden gefallen?

- Ist der prophetisch Redende bereit, sich in Frage stellen zu lassen?

- Welchen Charakter spiegelt er wieder. Wie passt die Prophetie zu seinem Lebensstil?

 (je schwergewichtiger und kräftiger die Aussage einer Prophetie, desto wichtiger ist die

  Prüfung des Charakters)

 

Leider werden in vielen Gemeinden diese Schritte stark vernachlässigt. Dadurch geht viel von der Erbauung und positiven Wirkung der Prophetien für Einzelne und für die ganze Gemeinde verloren.

Danach ist es dann wichtig, sich genügend Zeit zu nehmen, die genaue Auslegung und Anwendung zu erarbeiten. Wir haben das oft eingeübt und langsam ist der saubere und gründliche Umgang mit der Prophetie zu einem Stil geworden.

 

3 Grundfragen, die an jede Prophetie gestellt werden sollte:

 

- Was habe ich wirklich gesehen bzw. gehört, gefühlt etc.  (die reine Information)

- Was bedeutet  das, wie kann ich das interpretieren?       (die richtige Auslegung)

- Wie, wo, wann, bei wem können wir das anbringen?        (die bestätigte Anwendung)

                                                                                       

 

Diese Ausarbeitung ist eine Gemeinschaftsarbeit von Charly Lücker und Richard Schutty

Sie war die Grundlage eines gleichnamigen Seminars am 18.08.2006 im Hauskirchen- Netzwerk Bochum- Essen- Wesel

 

Essen, 05.10.06