Definition Einfache Gemeinde

Einfache Gemeinde, was ist das?

Die beste Beschreibung, zu definieren, was einfache Gemeinde ist, ergibt sich aus der Betrachtung ihrer Grundwerte. Egal, ob es um eine Gemeinde mit Neubekehrten geht, oder ob die Gemeinde überwiegend aus Christen von anderen Gemeinden besteht, der Gemeindegründer oder Initiator muss sich früher oder später über die Werte in seiner Gruppe im Klaren sein und verstehen, welch große Bedeutung sie bei der Entwicklung der Gemeinde haben. Die Grundwerte, die sich schon zu Beginn der Zusammenkünfte nach und nach verfestigen, werden bestimmen, in welche Richtung die Gemeinde sich entwickelt - ob am Ende die typische Struktur der Einfachen Gemeinde sichtbar wird, oder ob sich etwas anderes etablieren wird. Aus dem typischen Charakter einfacher Gemeinden erkennen wir, umgekehrt ohne Mühe, die Grundwerte die sie am besten beschreibt. Wenn man sich mit den verschiedenen Bewegungen einfacher Gemeindeformen in Amerika, Europa und Asien näher beschäftigt, wird man feststellen, dass sich bei ihnen die gleichen immer wieder in Erscheinung tretenden Werte finden lassen. Wobei anzumerken ist, dass es sich bei den Werten in erster Linie nicht um theoretische Ausformulierungen einer Vision handelt, sondern, dass es mehr um praktische Grundlagen und um soziale Verhaltensweisen geht, die sich im Alltag der Gemeinde beobachten lassen. Diese Grundlagen sind, auch wenn die Formulierung hier und da abweicht und die Zusammenstellung variiert, im Wesentlichen folgende drei Werte:

1. Jüngerschaft

2. Gemeinschaft

3. Apostolische Leidenschaft

Aus den vorher aufgeführten Punkten kann man ableiten, dass es eine Art Genetik bei einfachen Gemeinden gibt, die das Aussehen und den Charakter der Gemeinde bestimmen. Diese wird zu Beginn, in der Pflanzungs- bzw. Gründungsphase der Gemeinde geprägt. Sie ist vergleichbar mit dem Muster, das in der Entstehungsphase einer sozialen Gruppe durch klar definierte und einfach zu verstehende Werte, Normen und Rollen festgeschrieben wird. Die Gruppe wird im Laufe der Konsolidierungsphase immer deutlicher das genetische Muster entwickeln. Das ist vergleichbar mit einem sozialen System, das durch Interaktion und Kommunikation bestimmter Werte, und Normen entstanden ist.

Oft sind es Gründer und Leiter, die diese Prägung in der Kerngruppe auslösen. Dabei muss man bedenken, dass dies aber in vielen Bereichen unbewusst geschieht und nach einer gewissen Zeit sehr oft nicht mehr das gewünschte Bild widerspiegelt. Zuerst prägen die Menschen, das System, dann beginnt das System „selbständig“ alle hinzukommenden Mitglieder nach der entstandenen „Genetik“ zu formen. Meine Beobachtungen, die ich in 33 Jahren Christsein in Gemeinden, Gemeinschaften und anderen Gruppen machen konnte, bestätigen mir, dass nach einer gewissen Zeit eine Prägung entsteht, die kaum mehr verändert werden kann, es sei denn, man löst das ganze System auf. Wenn einzelne in der Gruppe versuchen tiefer liegende innersystemische Konflikte zu lösen, dann führt das leider oft zu Spaltung und Trennung. Die vielen Gemeindespaltungen innerhalb christlicher Kirchen und Gemeinden deuten auf dieses schmerzhafte Geschehen hin. Wir kennen dieses Phänomen auch im Bereich der Ehe und Familie. Aus der Praxis der Erziehungs- und Familienberatung weiß man, dass die Probleme von Einzelpersonen meistens auf das systemische Umfeld der Familie zurückzuführen sind. Eine spezielle Behandlung gibt es in der systemischen Familientherapie, wo das Familiensystem genau betrachtet wird, um die Fehlentwicklungen zu verstehen. Bei diesem Ansatz versucht man nicht das System zu verändern, sondern seine Struktur bewusst zu machen, um dem Einzelnen helfen zu können. Es geht darum, alternative Verhaltensweisen für den Einzelnen zu finden, was oft das Verlassen des Systems als Hauptpunkt beinhaltet. Das prägende System hat jedoch eine so starke Auswirkung, dass es auch noch lange Zeit nach dem Verlassen des sozialen Gefüges weiter funktioniert. Das kann immer dann auftreten, wenn die soziale Umgebung durch ähnliche Reize die gelernte Systemstruktur abfragt. Es ist also nicht so einfach einem einmal geprägten System, zu dem man gehört, zu entrinnen. Wir können ein System äußerlich verlassen und trotzdem dessen Struktur fest in uns tragen, so dass wir in bestimmten Schlüsselsituationen in das alte Reizreaktionsmuster des Systems zurückfallen. Wer die schmerzhafte Vergangenheit nicht immer wiederholen will, muss also zu einer echten Veränderung durch Neuordnung in der eigenen Person kommen.

Deshalb ist es in der Anfangsphase neugeborener Gemeinden enorm wichtig, dass die impulsgebenden Personen der Kerngruppe, ihre Grundwerte sorgfältig überdenken und sie dann ganz bewusst, nach biblischen Maßstäben in das „soziale Gedächtnis“ der Gemeinde hineinsprechen. Damit prägen sie die DNA der Gemeinde, zu der nicht nur das soziale Gedächtnis gehört, sondern auch eine geistige Person, denn die Gemeinde ist der Leib Jesu. In der Offenbarung heißt es, dass sie die Braut Christi ist, die Gott ohne Flecken und Runzeln zubereiten will. Dazu gehört unbedingt, dass die Genetik der Gemeinde, die gesunden Werte des Neuen Testaments wiedergibt, nicht nur theoretisch, sondern auch ganz praktisch. Die in uns eingepflanzten Werte bestimmen ganz stark unser Gemeinschaftsleben und bestimmen wie unser geistliches Wachstum aussieht, gesund und stark oder krank und schwach. Floyd McClung sagt in seinem neuen Buch über einfache Gemeinden, dass in der Genetik einer Gemeinde maximal vier bis fünf Grundwerte verankert sein sollten, am besten drei, weil wir uns oft mehr nicht merken können.Auch Neill Cole erwähnt drei Werte, die in der DNA einer organischen Gemeinde vorhanden sein müssen, damit die Gemeindeentwicklung gesund bleibt und zur echten Reproduktion führt. Prinzipiell  handelt es sich immer um die gleiche Werte, die von verschiedenen Leuten erwähnt werden, die ich für mich auch so festhalten möchte. Angelehnt an das was ich am Anfang dieses Kapitels schon erwähnt habe, nenne ich diese Werte Gemeinschaft, Jüngerschaft und Apostolische Leidenschaft. In der folgenden Grafik sind sie in doppelter Weise dargestellt, man kann sie mit der DNA organischen Lebens verbinden. Aus dem Englischen, angelehnt an Veröffentlichungen von Neil Cole, DickScoggins, Floyd McClung:

D = Devine (Göttlich)   N = Nurturing (helfende Gemeinschaft)   A = Apostolic (apostolisch)

 



Jüngerschafts-
beziehungen

D

Einfache
Gemeinden

N


Netzwerke

A

Göttliche
Wahrheit

D

Intensivtraining im Wort Gottes

Interaktives Bibelgespräch

Biblische Lehre
Schulung

Hilfreiche
Beziehungen

N

Verbindlichkeit

Liebesgemeinschaft
Abendmahl

Celebrations,
Gottesdienste

Apostolische
Mission

A

Leidenschaft für Jesus

Gebet, Evangelisation, Reproduktion

Gemeinsame Vision pflegen

 

Richard Schutty