Ist das Hauskirchenmodell die einzig richtige Art von Gemeinde?

Zunächst mal ist es wichtig, nicht von Gemeindemodellen zu sprechen sondern von Erscheinungsformen von Gemeinde. Wenn es nur um Modelle ginge, könnte man entsprechend der Situation abwägen, was das Beste sein könnte. Es geht dann eben auch nicht mehr um die „Hauskirche“ als Modell, wie das in der Vorstellung einiger präsent ist. Das sehe ich mehr das Problem, deshalb spreche ich lieber von einfachen Erscheinungsformen von Gemeinde.
Betrachten wir den Hintergrund dieser Frage, dann sehen wir, dass wir in einer Zeit leben, wo sich mehr und mehr Unzufriedenheit zeigt, mit dem, wie in der, "Gemeinde wie wir sie kennen" Gemeinde gelebt wird. Egal, ob es die Intensität der Gemeinschaft, die Art der Leiterschaft, die Organisationsstruktur oder die Programme sind. Es geht also weniger um ein Modell, als mehr um die Art der Strukturen, die ein bestimmtes Leben erlauben oder unterdrücken. Man kann autoritäre Strukturen, liturgische Abläufe oder Programmaktivismus auch in einer so genannten "Hauskirche" leben. Der äußere Rahmen, den ich mit dem Modell gleichsetzen würde, spielt dabei keine.
Bei der Frage nach Gemeinde sollte nicht nach den äußeren Strukturen gefragt werden, sondern mehr auf die innewohnenden Werte geachtet werden und wie diese praktisch umgesetzt werden können. Dann kann man überlegen, in welchen Erscheinungsformen, diese am besten verwirklicht werden können. Da mag man zu unterschiedlichen Ansätzen kommen und da gibt es kein Modell. Da ist auch die Frage entscheidend, wonach wir suchen. Wenn ich unverbindliche Zusammenkünfte in einer Masse liebe und mein Privatleben für mich behalten will, dann empfehlen sich z.B. große Versammlungen bei denen man untertauchen kann. Wenn ich die persönliche Auseinandersetzung und Begegnung suche, empfehlen sich kleine Gruppen.

Gemeinde ist nicht dies oder jenes Modell, sondern Gemeinde geschieht einfach, sie wird sichtbar, oder tritt in Erscheinung in verschiedener Art und äußert sich auf verschiedenen Ebenen, im Alltag.
Deshalb sage ich auch lieber: „Ich gehe nicht zur Gemeinde, sondern ich bin Gemeinde“. Noch mal, was ist Gemeinde? Der leib Jesu – und wer gehört zum leib Jesu? Alle wiedergeborenen Gläubigen. Und was oder wer ist die Gemeinde in einer Stadt? Es sind meiner Meinung nach alle Gläubigen, die in einer bestimmten Stadt leben. Paulus schrieb in seinen Briefen nicht an die Gemeinde mit einer bestimmten Benennung, wie wir es z.B bei Konfessionen kennen, oder bei neueren Gemeinden, sondern er schrieb an die „Gemeinde zu Korinth, Rom, Philippi ...“. Das bestätigt meine Sicht, die ich vorher erklärt habe. Meiner Meinung nach müssen wir deshalb fragen, wie tritt diese Gemeinde in der Stadt in Erscheinung und zwar auf einer „heruntergebrochenen Ebene“ - auf einer kleineren Ebene, auf der Basis des Gemeindelebens? Diese Basis ist die kleinste Einheit, die Familieneinheit, so sehe ich sie von Gott eingerichtet unter den Menschen.
Da finde ich dann in einer Stadt viele "Gemeinden" mit verschiedenen Benennungen: Baptisten- Gemeinde, Ecclesia- Gemeinde, Brüdergemeinde, eine freie Gemeinschaft, ein von der Gemeinde unabhängiger Hauskreis, und z.B. ein so genannte "Hauskirche". Alle befinden sich auf derselben Ebene, auf der Ebene, wo Gemeinschaft am intensivsten erlebt werden sollte, auf der Familien- Ebene, das ist das Herz des Gemeindelebens. Alle zusammen gehören zur Gemeinde Gottes in der Stadt, egal, ob sie das so sehen, oder nicht. Die Frage, die dann für mich entsteht ist, wo und in welchem Umfeld bin ich Herz der Gemeinde. Wo kann ich am besten erleben, dass sich einer um den anderen kümmert, und was ist das beste Umfeld, in dem ich meine Gaben am entwickeln und ausüben kann.

Ein andere Frage, die mir dabei kommt ist, wenn ich z.b. in einen "Sonntagsgottesdienst einer 300 Personen starken „XY- Gemeinde“ gehe - was erlebe ich da? Die Basisgemeinde, von der ich sprach nicht, sondern ich erlebe den Ausdruck von Gemeinde auf einer größeren und unverbindlicheren Ebene, wo ich mit vielen gemeinsam Gott feiern und Ihn auf eine andere art erleben kann – was wichtig ist für unser Christenleben, aber nicht vergleichbar ist, mit der intensiven Gemeinschaft auf der familiären Ebene. Trotzdem, diese Art von Gottesdienste haben seine Berechtigung und wir brauchen sie auch, aber es wäre grundfalsch, diese Erscheinung von Gemeinde, auf dieser Ebene, gleichzusetzen mit Gemeinde schlechthin. Noch problematischer wird es, wenn basisfunktionale Bedürfnisse dadurch übersehen werden, oder durch Erlebnisse in der großen Menge kompensiert werden und durch Mitarbeit in Programmen und Diensten für die Organisation ersetzt werden.

Gemeinde wird sich also immer auf unterschiedlichen Ebenen unterschiedlich äußern - wir müssen dabei auf die Prioritäten achten und das eine mit dem anderen nicht vertauschen. Jeder muss sich hier die ehrliche Frage stellen, ob er sich mit großen Versammlungen begnügen will, oder ob es noch mehr gibt, was nötig ist. Dort muss eine gewisse Hierarchie, Organisation und Programm sein - aber wird davon mein Hunger nach Liebe, Geborgenheit, und enger Gemeinschaft befriedigt. Es gibt noch mehr Fragen dieser Art, die es zu beantworten gilt.
Die Gemeinde in Jerusalem erlebte jedenfalls die Erscheinungsform der Gemeinde auf mindestens drei Ebenen und sie gab der Basisgemeinde, die sich in einfachen Strukturen traf klar den Vorrang:
„Sie trafen sich hin und her in den Häusern, hatten Gemeinschaft, brachen das Brot und verharrten in den Gebeten und in der Apostel- lehre.“