Acht Merkmale einfacher Gemeinden, Richard Schutty

 

 

1. Einfache Gemeinden sind autonom

 

Sie sind autonom im Sinne von selbständig, eigen gesetzgebend und unabhängig von anderen Gemeinden am Ort oder in der Stadt.  Jede Hausgemeinde versteht sich als eine eigene Gemeinde und nicht als ein Teilbereich einer Gemeinde. Natürlich versteht sie sich auch als ein Teil der Ortsgemeinde, der Stadtgemeinde, bzw. der weltweiten Gemeinde Jesu.

Die Unabhängigkeit zeigt sich zunächst im individuellen Wachstum und in einer einzigartigen Gestalt, sowohl nach Innen, als auch nach außen.  Jede Hausgemeinde entwickelt dementsprechend eigene Gewohnheiten und erreicht eine starke individuelle Ausprägung in den Werten und Normen, die das Gemeindeleben maßgeblich bestimmen. Wenn die innergemeindlichen Konflikte erfolgreich bewältigt sind und eine klare Vision entwickelt werden kann, zeigt sich die einzelne Hausgemeinde in einem starken eigenen Charakter und einer sichtbaren Einheit. In Apg. 4, 32 heißt es von den ersten Christen: Sie waren ein Herz und eine Seele, das war sicher in erster Linie bezogen auf die Gemeinschaften in den Häusern.

 

2. Einfache Gemeinden unterscheiden sich stark voneinander

 

In der einen HG ist es üblich vor dem Gottesdienst zu essen, in der anderen wird die Mahlzeit erst nach dem Gottesdienst gereicht. Die einen treffen sich jeden Sonntag zum Feiergottesdienst, die anderen haben mehrere Treffen unter der Woche. Die einen beziehen die Kinder direkt mit ein, die anderen machen Sonderveranstaltungen in einem anderen Zimmer für ihre Kinder. Die einen feiern Geburtstag im HG treffen, die anderen machen ein extra Treffen. Bei den einen wird interaktive Bibelarbeit gemacht, die anderen arbeiten mehr thematisch, usw.....

Jede Gemeinde entwickelt eine eigene unabhängige Prägung, die sie unverkennbar und original macht in Gestalt, Größe und Charakter. Das kann sich auch in der Altersstruktur und in der psychosozialen Zusammensetzung deutlich zeigen. Keine HG ist wie die andere, es gibt keine Duplikate.

 

3. Einfache Gemeinden sind typisch

 

Trotzdem hat jede echte Hausgemeinde auch eine typische und gleiche Ausprägung. Wo das Gemeindeleben nach neutestamentlichem Muster gelebt wird, zeigt sich immer derselbe Gemeindecharakter. Dieser muss in jeder Hausgemeinde vorhanden sein, auch wenn die Individualität stark gelebt wird. Er bezieht sich auf die Offenbarung und Wirksamkeit Gottes in seiner Gemeinde (Mt.18,16) und wird nach biblischem Vorbild durch Apostolisch - prophetische Lehre überall gleich vermittelt. Jede Einfache Gemeinde muss auf dem „Fels Jesus“ aufgebaut sein, um Gemeinde zu sein. Gemeinde entsteht da, wo Jesus Christus als der Erlöser erkannt wurde und angebetet wird. Wo das Wesen und der Charakter Jesu im Leben der Gemeindemitglieder nach außen dringen und die Beziehung zu Gott und zueinander bestimmt. Wo das geschieht, entwickelt sich ein genetischer Code, die DNA der Gemeinde, über den ich später noch reden werde. Er gehört in alle Einfache Gemeinden gleichermaßen und ist lebensnotwendig für deren Bestehen.

 

4. Einfache Gemeinden sind vernetzt 

 

Des Weiteren gehört eine gewisse gegenseitige Abhängigkeit mehrerer Gemeinden untereinander dazu, damit sich die einzelne Hausgemeinde gesund entwickeln kann. Entweder wird sich eine Gemeinde anderen in einem Netzwerk anschließen, oder aber sie entwickelt ihr eigenes Netzwerk .Wer sich jedoch absondert, so sagt die Bibel, sucht sein eigenes Begehren, das trifft auch hier zu. Gesunde Gemeinden machen sich freiwillig bis zu einem gewissen Maß abhängig von anderen. Wie in einer Partnerschaft auch, gehen sie einen Bund ein, der gegenseitige Rechte und auch Pflichten beinhaltet. Das, was auf der Ebene der einzelnen Gemeinde an Verbindlichkeit der Glieder untereinander stattfindet, das vollzieht sich auch auf der zweiten Ebene, der einzelnen Gemeinden als Glieder untereinander, in einer anderen Art. Wie eine Familie, die zu einem größeren Verwandschaftsverband (Sippe) gehört, so weiß sich auch die einzelne Gemeinde zu einem größeren Verband zugehörig. Mehrere Sippen bilden einen Clan, bzw. einen Stamm, mehrere Stämme ein ganzes Volk. So vernetzt sich auch die Hausgemeinde von der Familie bis zum Volk Gottes.

Ihre Autonomie wird also durch einen freiwilligen Akt eingeschränkt, und ist damit eine abhängige Unabhängigkeit. Um der Einheit in der Vielfalt willen und um des Vorteils der Förderung durch die anderen willen lässt sie sich freiwillig beschneiden. Autonom, aber nicht souverän - selbständig aber nicht unabhängig - einzeln aber nicht ohne die anderen. Aus den augenscheinlichen Nachteilen ergibt sich auf lange Sicht ein größerer Vorteil - „zum Nutzen aller“ (1.Kor.12,7). Wahre Liebe macht sich vom anderen abhängig. Totale Loslösung vom anderen ist egoistisch. Jesus hat sich ganz vom Vater abhängig gemacht und hat sich uns verpflichtet, deshalb starb er für uns am Kreuz und konnte uns damit erlösen.

 

 5. Einfache Gemeinden sind ausgewogen

 

In einem Netzwerk freiwilliger Beziehungen werden die einzelnen Gemeinden auch ein Verlangen nach gemeinsamen Veranstaltungen entwickeln. Um nicht in Isolation und Eigenwilligkeit zu enden, sucht sie den fruchtbaren Austausch mit den anderen Gemeinden. Man lernt voneinander und begegnet sich auf einer Ebene von gegenseitigem Respekt in gemeinsamen Veranstaltungen. Das schützt die Einfache Gemeinde vor Verirrungen und Eigenbrötelei.

So wie in einer Hausgemeinde die einzelnen Glieder voneinander profitieren, so geschieht es auch im Netzwerk untereinander als Glieder. Diese sind zwar in ihrer Gemeinde eine „vollständige“ Gemeinde, aber sie verfügen nicht über alle Gaben und Berufungen, deshalb brauchen sie die Vernetzung mit anderen Einfachen Gemeinden. Sie profitieren von den Gaben und Diensten der anderen Gemeinden und werden in ihrer Unvollkommenheit ergänzt und kommen zu mehr Balance. Das gleiche geschieht auch auf der nächsten Ebene von einem Netzwerk zum anderen.

 

6. Einfache Gemeinden bringen Frucht

 

Eine wachsende Gemeinde macht verschiedene Reifestadien durch. Sie wird gepflanzt, wächst heran und bringt schließlich Frucht. Am Anfang steht ein göttlicher Start, hervorgebracht durch das ausgesäte Wort Gottes in die Herzen einzelner Menschen. Wenn dieses auf fruchtbaren Boden fällt, entsteht echte Nachfolge und Jüngerschaft.

Mehrere solcher hingegebener Jünger verbinden und verpflichten sich zu einer Gemeinschaft in deren Mitte Jesus regiert und der Heilige Geist die Leitung übernommen hat - eine kleine Gemeinde ist entstanden. Das natürlichste Verlangen dieser neuen Gemeinde ist es, neue Jünger hervorzubringen - wie eine neu entstandene Familie normalerweise das Verlangen nach Kindern in sich trägt. Also werden diese sich darauf konzentrieren, das Wort in die Herzen Interessierter zu säen und der Kreislauf beginnt von vorne. Die Gemeinde ermutigt dann die neuen Jünger sich zu einer neuen Gemeinschaft zusammenzuschließen, um die Reproduktion fortzusetzen und wieder Frucht zu bringen.

 

7. Einfache Gemeinden wachsen und vermehren sich überall

 

Es ist kein bestimmter Ort, kein heiliger Raum und keine besondere Umgebung notwendig, um eine Gemeinde zu pflanzen, und bis zur Reife wachsen zu sehen. Gerade unter den widrigsten Umständen und Situationen scheinen sie am besten zu gedeihen. Schlechte Verhältnisse bieten oft den besten Nährboden. Das sehen wir auch in vielen Ländern, in denen christliche Gemeinden verfolgt werden.

Das soziale Umfeld der Menschen (oikos) ist der richtige „Ort“ wo eine Gemeinde am besten wächst. Die darin wachsenden Beziehungen mit ihren Konflikten, mit Versöhnung und gegenseitiger Liebe sind der Nährboden für das Wort Gottes, für Christus in ihrer Mitte. Druck, Widrigkeiten und Angriffe von Außen bringen die Jünger noch zusätzlich zu einem größeren Zusammenhalt und zu mehr Fruchtbarkeit. Wie Bäume und viele andere Pflanzen brauchen sie den Wechsel der Jahreszeiten, Frost, Hitze, Sommer, Winter, Regen u. Schnee. Aus den erlebten Schwierigkeiten und Krisen gehen sie gestärkt hervor. Glaube und Ausdauer werden darin geprüft, die Gläubigen lernen praktische Jüngerschaft. 

 

8. Einfache Gemeinden bleiben immer jung und frisch

 

Wenn sich eine Einfache Gemeinde vermehrt, also regelmäßig Ableger, bzw. neue Gemeinden hervorbringt, bleibt das frische geistliche Leben erhalten. Jede neue Gemeinde ist ein neuer Start mit neuer Dynamik, mit junger unverbrauchter Kraft und Vision. Diese Frische und Erneuerung fließt durch die Vernetzung zur Muttergemeinde zurück und verjüngt sie. Nicht die Alten geben den Takt an, sondern die Jungen. Die Alten dienen mit weisem Rat und klugem Beistand.

Durch andauernde Reproduktion gerät immer wieder frischer Sauerstoff und neu aktivierte Nährstoffe in den Blut- und Nervenkreislauf des Gemeinde- Netzwerkes. Dadurch ist der eigene Fortbestand, das neue Lied, die frische Geistleitung gewährleistet.

 

 

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